Die Geschichte des Wappens der Stadt  Czernowitz 1784 - 1908

Die Stadtgemeinde Czernowitz beabsichtigte aus Anlass des 60-jährigen Regierungsjubiläums Kaiser Franz Josephs I., eine neue Stadtfahne anzuschaffen. Da aber weder in den Ämtern des Kronlandes noch der Stadt ein Wappenbrief für Czernowitz im Original gefunden werden konnte, richtete der Bürgermeister am
13. April 1908 an das k.k. Ministerium des Innern die Bitte um die Abschrift eines solchen Wappenbriefes mit Abbildung. Da im Adelsarchiv des k.k. Innenministeriums ebenfalls kein Wappennachweis der Stadt Czernowitz vorhanden war, jedoch dem Wunsch der Stadt nachgekommen werden sollte, wurde Czernowitz vorgeschlagen ein Gesuch an den Kaiser zu richten, um das bisher unbeanstandet geführte Stadtwappen weiterführen zu dürfen. Das k.k. Ministerium des Innern lieferte auch gleich einen entsprechenden Wappenvorschlag mit, der aus dem Werk von
Hugo Gerard Ströhl, Städte-Wappen von Österreich-Ungarn (Wien 1904) stammte. Die Wappenbeschreibung lautete: In rotem Schild ein silbernes offenes Stadttor mit fünf Zinnen, überhöht von zehn in zwei Reihen geordneten silbernen Steinen. Im Torbogen erscheint das kleine österreichische Reichswappen (Doppeladler mit genealogischem Herzschild, d. h. von Habsburg-Österreich-Lothringen zweimal gespaltener Schild). Über dem Schild eine Krone mit fünf Zinnen.
 

Das Präsidium des Stadtmagistrats brachte jedoch einen Gegenvorschlag ein, der sich auf ein Gutachten des Gemeinderates und Universitätsprofessors Dr. R. F. Kaindl, vom 30. April 1908, stützte. Kaindl teilte darin mit, dass Czernowitz 1784 ein Wappen erhalten habe und dieses aus einem offenen silbernen Tor mit dem kaiserlichen Adler, der im Mittelschilde das österreichische Wappen führt, bestehe. Der Nachweis sei in einer alten Stadtrechnung zu finden, dass ein Stadtsiegel 1784 angefertigt worden sei und dies offenbar mit der damaligen Wappenverleihung zusammenhänge. Darüber hinaus habe er noch zwei Urkunden aus 1801 und 1842 entdeckt, auf denen Siegel angebracht gewesen wären, mit der Umschrift: „Czernowitzer Stadt Sigel 1784“. Dieses Wappen zeigte ein offenes Stadttor mit sieben Zinnen und darüber acht in zwei Reihen je vier angeordneten Bausteinen. In der Toröffnung erschien der kaiserliche Adler, der das österreichische Wappen führte, nämlich einen silbernen Querbalken in rotem Feld. Unter dem Stadttor waren zwei gekreuzte Lorbeerzweige abgebildet. Die beigelegte Abbildung war von einem gewissen Kreiner gezeichnet worden. (Siehe Abbildung)

Das k.k. Ministerium des Innern bemerkte daraufhin, dass der bloße Bindenschild (rot-weiß-rot), anstatt des dreifeldigen genealogischen Brustschildes, sowie die Weglassung der übrigen Ordensdekorationen (ausgenommen das goldene Vlies) zwar eine Abweichung vom offiziellen kaiserlichen Reichswappen darstelle, jedoch als Vereinfachung genehmigt werden könnte, da es sich ja nicht um eine repräsentative Darstellung des Staatswappens, sondern lediglich um ein Gnadenbeizeichen in einem Gemeindewappen handelte.

Kaiser Franz Joseph I. gewährte deshalb am 20. Juni 1908 der Stadtgemeinde Czernowitz die Fortführung des bisher geführten Stadtwappens mit folgender Blasonierung:

Ein roter Schild, mit einem offenen, oben mit sieben Zinnen bekröntes aus silberfarbenen Quadern erbautes frei schwebendes Stadttor. Oberhalb der Zinnen sind acht freischwebende silberfarbene Quadern in zwei Reihen zu je vier verteilt, die Quadern der oberen Reihe sind etwas kleiner als die der unteren. In der Toröffnung erscheint ein schwarzer, rot bezungter, golden bewehrter und auf beiden Köpfen mit goldenen Bügelkronen bekrönter Doppeladler, der in der rechten Klaue Schwert und Zepter, in der linken den Reichsapfel hält. Auf der Brust des Doppeladlers, über dem die kaiserliche Krone schwebt, ruht ein rotes, von einem silbernen Querbalken durchzogenes und von der Kette des Ordens vom Goldenen Vlies umschlungenes Schildlein. Unterhalb des Stadttores verschränken sich zwei natürliche, mit einem rot weißen Bande zusammengebundene Lorbeerzweige. Auf dem Hauptrand des von einer ornamentalen bronzefarbenen Randeinfassung umgebenen Schildes ruht eine silberne Mauerkrone mit fünf sichtbaren Zinnen.


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Das Ministerium verwendete gleich den von Czernowitz eingesandt Wappenvorschlag als Vorlage für den Wappenmaler der die Originalurkunde ausfertigen und dann der Stadt schicken sollte. Der Wappenzensor bemerkte links oben noch, dass der Wappenmaler die Schildeseinfassung und die Mauerkrone wie üblich malen sollte. 

Quelle: Österreichisches Staatsarchiv, Allgemeines Verwaltungsarchiv, Adelsarchiv, Gemeindewappen Czernowitz 1908.