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Peter
Diem:
Wilfried Daim
Querdenker zwischen
Rot und Schwarz
Vorwort: Norbert Leser
Broschur, ca. 208 Seiten
Format: 16,5 x
23,5 cm
ISBN: 978-3-902494-50-4
Preis: € 22,50/SFR 39,-
Edition Steinbauer
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Wilfried Daim (Jgg. 1923), der
Psychologe und
Psychotherapeut in der Tradition von Sigmund Freud, der
leidenschaftliche Kunstsammler und Kunstkenner, hat mit 22 Büchern und
200 Artikeln zu Politik, Religion und Kunst ein gewaltiges
intellektuelles Oeuvre hinterlassen. Sein erstes Buch zum Wiener
Rassenideologen Lanz von Liebenfels "Der
Mann, der Hitler die Ideen gab" machte Daim schlagartig
international bekannt. Sein sozialpsychologisches Hauptwerk "Die
Kastenlose Gesellschaft" gilt heute noch als Klassiker der
Gesellschaftsanalyse, weist es doch nach, dass soziale Dynamik nicht
nur ökonomische Ursachen hat, sondern wesentlich von unbewussten
Vorurteilen gesteuert wird. 1963 trat Daim in einem Buch "Kirche
und Zukunft" mit einer Reihe von Thesen zur Entfeudalisierung
der katholischen Kirche hervor. Viele dieser Forderungen hat das Zweite
Vatikanische Konzil erfüllt, doch einige sind bis heute in Diskussion.
Daim hat sich durch sein Eintreten für den Dialog mit dem Marxismus
viele Feinde im konservativen Lager gemacht, aus dem er selbst stammt.
In jüngster Zeit ist Daim als Kunstsammler und Interpret der Kunst der
Zwischenkriegszeit hervorgetreten. Er machte die beiden
sozialkritischen Maler O. R. Schatz
und Franz Probst bekannt.
![Als Panzerjäger 1943](Soldat_1944.jpg) Wilfried
Daim stammt aus einer Hernalser Arbeiterfamilie. Angeregt durch
seinen Jugendkaplan Josef Weinand,
befasste er sich schon früh mit Kunst. Als
Jugendlicher mit Angehörigen der Hernalser Pfarrjugend im
Widerstand gegen das NS-Regime tätig war, musste der gläubige
Katholik und österreichische Patriot zu den Panzerjägern einrücken.
Obwohl er nie einen gezielten Schuss abgab, wurde er an der
Russlandfront
dreimal verwundet und kam mit viel Glück ohne Gefangenschaft, aber mit
amputiertem Unterschenkel, zurück. Er begann unter dem sehr
eigenwilligen Wiener Ordinarius Hubert
Rohracher Psychologie zu studieren. Da er sich mit seiner
Vorliebe für eher am Rande der amals in wien gelehrten der Psychologie
wie Tiefenpsychologie, Parapsychologie und Graphologie nicht
durchsetzen konnte, schrieb er schließlich seine Dissertation über das
Merken von Telefonnummern. Dazu ließ er an 1.800 Wiener Schülern
und Schülerinnen diesbezügliche Tests durchführen. Seine ersten
Publikationen nach der Heimkehr befassten sich mit Parapsychologie und
Graphologie.
Wilfried Daim, der
Tiefenpsychologe
Mit seinen beiden
grundlegenden Werken "Umwertung der Psychoanalyse" (1951) und
"Tiefenpsychologie und Erlösung" (1954) ging der Freudianer Daim weit
über Freud hinaus. Ähnlich wie C.G. Jung nahm er die Existenz eines
"Absoluten" als Bezugspunkt des Menschen an. Mit Hilfe von aus der
Unendlichkeitsmathematik entlehnten Bildern stellte er mit der Parabel
den psychisch gesunden Menschen dar, während er mit der Ellipse die
Fixierung des Menschen auf einen oder mehrer "Götzen" auzudrücken
suchte.
![](Parabel_1.png) |
![](Parabel_2.jpg) |
Der damals sehr
bekannte amerikanische Bischof Fulton
J. Sheen (1895–1979) pries Daim im US Fernsehen als einen der
wichtigsten modernen Analytiker, wie der folgende Screenshot zeigt:
Daim wendete in
seiner bald nach dem Krieg gegründeten Praxis alle in
der Psychoanalyse gängigen Verfahren an, vor allem aber ließ er seine
Analysenden ihre Träume und Vorstellungen zeichnen:
Wilfried Daim, der
Sozialpsychologe
In den späten 50er
Jahren lernte Wilfried Daim den Rassenideologen Lanz (von) Liebenfels, einen
entsprungenen Zisterziensernmönch, kennen. An Hand einer genauen
Analyse der Lebensumstände und Werke dieses Wiener Esoterikers - vor
allem der vor dem Krieg verbreiteten "Ostara-Hefte" - konnte Daim den
entscheidenden Einfluss von Lanz auf Adolf
Hitler nachweisen. Sein diesbezügliches Buch "Der Mann, der Hitler die Ideen gab" (1958)
ist in dritter Auflage noch heute erhältlich und gilt als eines der
Standardwerke über die Wurzeln des Nationalsozialismus.
![Männergestalt mit affenähnlichemTier in Heiligenkreuz](Heilgenkreuz.png) |
![E. ,Fremiét: Gorilla entführt Frau](Gorilla.png) |
![Hautpwerk von Lanz von Liebenfels](Theozoologie.png) |
Grabstein aus Heiligenkreuz mit "Untier" |
E. Fremiét "Gorilla entführt Frau"
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Lanz von Liebenfels "Theozoologie"
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Aufbauend auf den
Erkenntnissen von Sigmund Freud über die Ödipaldynamik wendete Daim
dieses Prinzip in seinem Hautwerk "Die
Kastenlose Gesellschaft" auf das Entstehen und den Ablauf
sozialer Konflikte an. Neben
ihren ökonomischen Ursachen werden gesellschaftliche Gegensätze durch
unterbewusste Kastenstrukturen mitbestimmt, die auf dem
Ödipaldreieck beruhen. Auch heute noch sind diese Thesen gütig, man
denke nur an die Frage der Zuwanderer oder an den Nah-Ost-Konflikt.
![Ödipaldreieck: Zeichnung aus der "Kastenlosen gesellschaft"](Oedipaldreieck.png)
In der Folge
veröffentlichte Wilfried Daim eine Reihe von Büchern über die Entfeudalisierung der katholischen Kirche und
über Progressiven Katholizismus.
So stellte er noch vor dem Zweiten Vatikanum 29 Thesen zur
Modernisierung der römisch-katholischen Kirche auf, die in der
Forderung nach Abschaffung des Zölibats mündeten: "Kirche und Zukunft" (1963). Damals
war die Kirche noch sehr stark von Feudalstrukturen geprägt, wie das
nebenstehende Bild von Papst Pius
XII. auf der "Sedia gestatoria", umgeben von phraonischen
Pfauenwedeln, zeigt. In seinen Schriften bezog sich Wilfried Daim fast
zur Gänze auf das Alte und Neue Testament, die nach seiner Meinung dem
Christentum einen revolutionären Auftrag zur Durchsetzung einer
"universalen Brüderlichkeit geben. Diese Veröffentlichungen lösten ein
großes Echo aus - Kardinal König meinte sogar, die "Linkskatholiken
schlagen die Kirche ans Kreuz". Daim publizierte auch eine Reihe von
Artikeln im "Neuen Forum" -
einer damals sehr einflussreichen Zeitschrift, die sich u.a. dem Dialog
Christentum-Marxismus widmete. Doch richtig rund ging es 1969, als Daim
in einer fiktiven Rede von UNO-Generalsekretär Kurt Waldheim am 1.April 1969 die
freiwillige Entmilitarisierung Österreichs verkündete. Ein anschließend
von ihm angeregtes Volksbegehren zur
Abschaffung des Bundesheeres wurde zwar von 28.000 Personen
unterstützt, kam aber nie zu stande. Hngegen wurde nach der Für Kreisky
siegreichen Wahl 1970 die Wehrdienstzeit auf sechs Moante verkürzt.
Dem Buch kann
ein Zitat des damaligen Vertiedigungsministers
Dr.Georg Prader entnommen werden, der die Schwierigkeit einer
Heeresreform beschreibt - Diese Aussage aus dem Jahr 1970 könnte heute
ohne jede Einschränkung wieder gemacht werden:
Schuld
an der Misere ist die Dienstpragmatik der Bundesbeamten, die in
völliger Verkennung der militärischen
Erfordernisse auch für das Heer angewendet wird. Da man einem
Akademiker mit guter Dienstbeschreibung die Karriere bis zum
Ministerialratstitel nicht gut verweigern kann, werden auch die
Offiziere reihenweise bis zum ersten Generalstern hinaufbefördert. Was
aber macht man mit einem Obersten oder Brigadier, für den es kein
Truppenkommando gibt oder der (was vorkommen soll) dafür ungeeignet
ist? Man setzt ihn in ein gut geheiztes Büro – und in sein Vorzimmer
ein paar jüngere Offiziere, etliche Unteroffiziere und dazu noch
Schreiber und womöglich einen Chauffeur.Auf diese Weise wuchsen das
Ministerium sowie drei Gruppen- und neun Militärkommanden zu
stattlicher Größe.
Zu
diesem Thema Prader: „Wenn ich einen Stab auflöse, sind die Leute ja
weiter da – nur sind sie dann in Beschäftigungen tätig, wo man sie halt
dazusetzt, weil man irgendetwas tun muss, aber nicht mehr in echter
Funktion. – Hier stellt man uns Forderungen, die wir nicht bewältigen
können, weil die derzeitigen pensionsrechtlichen Vorschriften das nicht
gestatten. Solange das ganze Offiziers- und Unteroffizierskorps
zylindrisch an die Spitze hinaufwächst, ist die Spitze gar nicht in der
Lage, das zu verdauen. Das gibt’s gar nicht. Dazu kommt die
katastrophale Altersschichtung […] Unten wird ständig aufgestockt, oben
geht nichts in Pension.Hier ist also die Crux, und da muss der Hebel
angesetzt werden. Da kann nur ein völlig von den orthodoxen
Beamtenschemen abweichendes Pensionsrecht die
Lösung bringen.“
Selbsterkenntnis Praders: „Weil das aber so
revolutionierend ist für
österreichische Verhältnisse, sind wir damit nicht rechtzeitig zu Rande
gekommen. Aber das ist das Thema Nummer eins, das wir behandeln müssen
– sonst ist alles andere eine Rederei.“
(Neues
Forum 195 II,Mitte März 1970, S. 317)
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Wilfried Daim, der
Kunstpsychologe
Der heute 88-jährige
Wilfried Daim hat in den letzten drei Jahrzehnten vor allem seine
Kunstsammlung aufgebaut und in mehreren Werken beschrieben. Daim
konzentrierte sich darauf, die sozialkritische Kunst der
Zwischenkriegszeit zu dokumentieren - vor allem an Hand der Werke von O.R. Schatz und Franz Probst. Einige Abbildungen
sollen das illustrieren.
![Eine äußerst misstrauische Konfrontation](Begegnung.jpg) |
![Der unterwürfige, aber unwillige Fiakerfahrer](Fiaker_600.jpg) |
Franz Probst: "Begegnung" (1926) |
O.R. Schatz: "Fiaker" (1926) |
![Die Trostlosigkeit und Einsamkeit der Schornsteinindustrie](Fabrik.jpg) |
O.R. Schatz: "Fabrik"
(1927) |
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