Seipel - Dollfuß - Schuschnigg Dass weder Ignaz Seipel (1876-1932) noch Engelbert Dollfuß (1892-1934) und schon gar nicht Kurt Schuschnigg (1897-1977) in Wien Denkmäler erhalten haben, obwohl sie in den schwersten Zeiten unseres Vaterlandes das Amt des Bundeskanzlers ausübten, erklärt sich aus einer immer noch nicht voll aufgearbeiteten jüngsten Vergangenheit - ihre Verdienste müssten zunächst fair gegen ihre Fehler aufgewogen werden. Niemand bezweifelt heute mehr, dass die Ausschaltung des Parlaments, das Verbot demokratischer Parteien und die Verhängung von Todesurteilen gegen Aufständische schwere politische Fehler waren, die zum Untergang Österreichs beigetragen haben. Vielleicht würde sogar bei einem Überwiegen der Fehler über die Vorzüge ein sichtbares Mahnmal für solche Staatsmänner Sinn machen. Allerdings erst dann, wenn sich so etwas wie eine "Denkmal-Pädagogik" entwickelt hätte, die Denkmäler nicht ohne ausreichende, zum Nachdenken anregende Erklärungen aufstellt. Am 20. Oktober 1935 wurde in St. Pölten eine vom Schöpfer des Heldendenkmals am äußeren Burgtor, Rudolf Wondracek gestaltete Stele zum Gedenken an den von den Nazis ermordeten Bundeskanzler Dr. Engelbert Dollfuß, enthüllt. Das Denkmal wurde 1938 zerstört. Im Grazer Rosarium stellte der Bildhauer Gustinus Ambrosi (1893- 1975), Schöpfer von rund 2400 Skulpturen, Lyriker und Essayist, am 25. Juli 1937 eine Dollfuß-Büste auf. Der auf einem hohen Sockel stehende Dollfuß-Kopf wurde am 12. März 1938 von der Grazer Berufsfeuerwehr mit Ketten umschlungen und unter stürmischen "Sieg-Heil"-Rufen der Zuseher zu Boden gestürzt. Der stark beschädigte Kopf ist erhalten und wurde anlässlich der Ausstellung "Kunst und Diktatur" vor dem Wiener Künstlerhaus 1994 ausgestellt.
Aus einem von der Vaterländischen Front 1936 veranstalteten Wettbewerb ging der obige Entwurf von Clemens Holzmeister und Hans Andre als Sieger hervor. Auf einem neun Meter langen Denkmalblock sollte die Gestalt des ermordeten Bundeskanzlers in einem Figurenrelief inmitten seiner Getreuen und der von ihm geschaffenen Stände dargestellt werden. Im Oktober 1936 wurde der Grundstein an der Volksgartenecke am Ballhausplatz gelegt, es kam jedoch nicht mehr zur Ausführung des sargähnlichen Monuments.
Das Grab des von der einen Seite als "Arbeitermörder", von der anderen als "Märtyrerkanzler" erinnerten Staatsmannes und seiner Familie befindet sich am Hietzinger Friedhof
|
|